Das vorliegende Buch ist ein exzentrischer Weinratgeber des Surrealisten Salvadore Dali, der als Hedonist edle Weine sehr zu schätzen wusste.
TASCHEN hat den Prachtband, der 1977 erstmals erschien, jetzt in einer Faksimile-Ausgabe neu aufgelegt. Das reich bebilderte Werk folgt dem Sinnspruch des Künstlers, "Wer genießen kann, trinkt keinen Wein mehr, sondern kostet dessen Geheimnisse“, und erklärt die Mythen um den Wein und seine Herstellung, illustriert mit mehr 140 Zeichnungen des Künstlers.
Das Buch ist in zwei große Abschnitte untergliedert.
Die Texte des ersten Abschnitts stammen von Max Gérard. Der Titel dieses Abschnitts lautet "Die Zehn Weine des Göttlichen." Zur Sprache gebracht werden: Der Wein aus dem Ay- Der Wein aus dem Shiraz- Der Wein des Königs Minos- Der Lacrimae Christi- Der Châteauneuf-du Pape- Die großen Bordeauxweine- Der Château Yquem- Der Jerez- Der Wein Kaliforniens.
Die Zeichnungen, Bilder und Zitate illustrieren auf gekonnte Weise die Texte, deren Reiz die Mythen sind, die Weine zu Kulturgütern der besonderen Art machen. So liest man u.a., dass die Verherrlichung des Weines jahrhundertelang bei allen Nationen Thema war, dass er die Künste am meisten inspirierte und dass er von ihnen am häufigsten besungen und gefeiert wurde. Weiter erfährt man, dass die Rebsorte mit dem Namen Syrah aus dem Orient stammt. Aus ihr wird der Châteauneuf-du-Pape gekeltert. Man bemerkt rasch, dass alles irgendwie betont bacchantisch anmutet und ist beeindruckt durch die großartigen Illustrationen, fast betrunken von allem.
Ist man textlich bei den großen Bordeauxweinen angelangt, liest man, dass der Wein als Wein des Klassizismus- ähnlich einem Garten von Le Nôtre, die Erinnerung an den Präsidenten de Ségur verkörperte, den Ludwig XIV. "den Fürst des Weines oder den reichsten Seigneur des Königreichs" nannte und der auf seinem Gewand die Kieselsteine des Médoc trug.
Dann liest man man weiter irgendwo, dass der Wein nicht nur intellektuelle Fähigkeiten erweckt, sondern sie auch schafft. Dies geschieht, indem er seine ätherischen Düfte bis ins Gehirn dringen lässt, neue Berührungspunkte erfindet und Gedanken verbindet, indem er das Vergnügen zu schaffen mit dem Vergnügen nicht zu schaffen verwebt. Das klingt interessant.
Irgendwann Seiten später liest man dann vom Chateau Iquem und der damit verbundenen Geschichte und darf sich einer Fülle von beeindruckenden Bildern erfreuen, die sehr dionysisch daherkommen. In der Folge schließlich – man befindet sich bereits in einem Taumel von bacchantischen Wörtern und Bildern - wird man mit 2. Abschnitt "Die zehn Weine Galas vertraut gemacht".
Der Verfasser dieser Texte ist Louis Orizet. Gala war übrigens die Muse Dalis. Orizet bittet eingangs schon um Vergebung wegen der poetischen Trancezustände, in denen er sich den emotionalen Reizen hingibt, wo seine Dialoge mit Wein entstehen. Damit Sie eine Vorstellung davon bekommen, was er damit meint, zitiere ich aus dem Text. "wenn es uns erlaubt ist, die beim Kosten eines Médocs empfundene Emotion mit derjenigen zu vergleichen, die ein Menuett Mozarts in uns auslöst, so erinnert uns die Begegnung mit einem Musigny, einem der besten, wenn nicht sogar dem besten Wein der Côtes an die symphonischen Entfesselungen der Fugen oder der ungarischen Rhapsodien von Liszt."
Von Weinen des Ästheten ist die Rede, auch von Weinen des Lichts. Ich vermute, es ist Gala, die dem Bildbetrachter eine Traube hinhält. Wie eine Bacchantin wirkt sie nicht. Eher sachlich, merkantil. Wen wundert es? Machte sie doch Dali zum erfolgreichsten Künstler seiner Generation in ihrer 50 jährigen Ehe. Immer wieder wird man mit gastronomischen Anmerkungen konfrontiert, die es lohnt zu lesen.
Man erfährt in diesem Buch unendlich viel über Weine, aber man muss über Poesie und Fantasie verfügen, um sich in die exzentrisch geschilderte Weinwelt dieses Buches entspannt vertiefen zu können, die surreal ist, wie die Werke Dalis selbst.
Sehr empfehlenswert
Helga König
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Dalí. Die Weine von Gala
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